SANTA RALLY: Wer kriegt das Geschenk und wer die Kohle?

Die Feiertage stehen vor der Tür und mit ihnen hält nicht nur eine festliche Stimmung, sondern traditionell auch ein spannendes Phänomen an der Börse Einzug: die sogenannte „Santa Rally“ oder Weihnachtsrallye. Dieses saisonale Muster lässt Anleger jedes Jahr auf ein kleines Kursgeschenk hoffen. Doch was genau steckt hinter diesem Mythos? Und vor allem: Ist diese kurzfristige Magie eine Grundlage für Investment-Entscheidungen?

Was ist die Santa Rally überhaupt?

Die Santa Rally bezeichnet einen statistisch signifikanten, überdurchschnittlichen Anstieg der Aktienkurse, während eines kurzen Zeitraums zum Jahreswechsel.

Die Rally umfasst die letzten fünf Handelstage des Jahres und die ersten zwei Handelstage des neuen Jahres.

Historische Performance: Die Statistik spricht eine klare Sprache:

• Der S&P 500 erzielte in dieser Periode in rund 78% der Fälle positive Renditen.

• Die durchschnittliche Rendite in diesem kurzen Zeitfenster liegt bei etwa 1,3%.

Dies ist deutlich über dem Durchschnitt anderer Sieben-Tages-Perioden und macht die Santa Rally zu einer echten statistischen Anomalie.

Die Treiber hinter dem Weihnachts-Phänomen

Warum steigt die Börse ausgerechnet in dieser Zeit?

1. Psychologie und Feiertagsstimmung: Die positive Stimmung der Feiertage könnte die Risikobereitschaft privater Anleger erhöhen.

2. Geringeres Handelsvolumen: Viele grosse, institutionelle Anleger nehmen sich über die Feiertage eine Auszeit. Der Markt wird stärker von Privatanlegern dominiert, deren Kaufaktivität Kursbewegungen in dieser geringen Liquidität verstärken kann.

3. Jahresendeffekte:

   • Nach dem Abschluss von steuerlich motivierten Verkäufen (Tax-Loss-Selling) im Dezember entfällt der Verkaufsdruck.

   • "Window Dressing": Fondsmanager könnten zum Jahresende noch Aktien mit guter Performance kaufen.

Rally vs. Realität

Der Blick auf den Chart zeigt in der Tat ein überwiegend positives Resultat der Rally, wie bereits erwähnt in 78% der Fälle erzielte er positive Renditen.

Es ist jedoch essenziell, diese kurzfristige Bewegung in den Gesamtkontext des Jahres zu stellen. Viele Leute vergessen das gesamte Jahr dahinter zu betrachten und genau das schauen wir uns zunächst an.

Achte in diesem Chart auf das Jahr 2008 und die daraus schliessende Rendite während des Rallys.

Das Muster im Krisenjahr Beispiel 2008

Die Finanzkrise 2008 liefert das stärkste Argument, warum kurzfristige Muster keinen Aufschluss über die langfristige Realität geben:

• Die Jahresbilanz der Realität: Der S&P 500 verzeichnete in diesem Jahr einen katastrophalen Gesamtverlust von -34,9% einschliesslich des Rallys. Dies war eine Phase tiefster Unsicherheit und Marktpanik, in der die Verluste der vorangegangenen Monate massiv waren.

• Die kurze Rally-Euphorie: Trotz dieses existenzbedrohenden Abschwungs sprang der S&P 500 in der kurzen Rally-Periode 7,40% an. Klingt im vergleich des Verlusts, wie ein Tropfen im Fass.

Anleger, die kurzfristig denken, fokussieren sich auf diesen isolierten Gewinn als schnelles Kursgeschenk. Professionelle Anleger hingegen erkennen solche Muster als isolierte, statistische Anomalien. Sie wissen, dass dieser minimale Anstieg keinen Einfluss auf die fundamentalen, makroökonomischen Probleme hatte, die den -34,9% Jahresverlust verursacht haben. Der Gewinn der Rally glich den massiven Verlust in keiner Weise aus.

Die Santa Rally kann selbst im schlimmsten Bärenmarkt eine positive Rendite liefern. Dies ist kein Signal für eine Marktwende, sondern unterstreicht lediglich die Unabhängigkeit des saisonalen Effekts von der langfristigen Performance und ist dazu ein interessantes Phänomen der Marktbewegung in dieser bestimmten Zeitspanne.

Das umgekehrte Beispiel 1999

Es gibt auch Beispiele, in denen der Markt trotz einer fantastischen Jahresperformance keine Rally lieferte. So lieferte die Rally-Periode Ende 1999 eine negative Rendite, obwohl das Gesamtjahr und das darauffolgende Jahr extrem stark waren. Dies beweist, dass die Rally nicht zwingend mit der allgemeinen Marktstärke korrelieren muss.

Keine Grundlage für Investitionen

Die Santa Rally ist ein spannendes historisches Phänomen. Sie beweist, dass es statistisch günstige Zeitpunkte im Jahr gibt.

Allerdings gilt: Das Muster ist keine Anlageempfehlung und darf nicht als Grundlage für Investmententscheidungen dienen.

• Statistik, nicht Strategie: Eine erfolgreiche Anlagestrategie basiert auf gründlicher Fundamentalanalyse, Risikomanagement und Diversifizierung über Jahrzehnte hinweg, nicht auf dem Kalender. Die kurzfristige Magie eines saisonalen Effekts kann langfristigen, dauerhaften Wohlstand nicht ersetzen.

• Risiko: Wer kurz vor der Rally in der Hoffnung auf einen schnellen Gewinn investiert, setzt sich dem Risiko aus, dass makroökonomische Faktoren oder unerwartete Ereignisse (wie im Jahr 2024) das Muster negieren und die Verluste in einer kurzen Zeitspanne hoch sein können.

Wir als Vermögensverwalter sind uns solcher Muster und deren begrenzter Aussagekraft bewusst. Wir nutzen sie lediglich als einen von vielen Indikatoren in unserer umfassenden Analyse. Überlasse die Spekulation dem Mythos. Wenn du an einen verlässlichen "Weihnachtsmann" für deine langfristigen Finanzen glauben möchten, schenke diesen Status lieber einem guten Vermögensverwalter.

Nutze die Feiertagszeit, um deine langfristige Anlagestrategie zu überprüfen

4E Capital wünscht eine besinnliche Weihnachtszeit

Wir hoffen, dieser Blick auf die Santa Rally hat dir eine spannende Lektüre für die Feiertage geboten. Während wir die historischen Muster der Börse überwachen, wünschen wir nun vor allem eines: eine besinnliche Weihnachtszeit und einen Moment der Ruhe abseits der Märkte.

Wir bedanken uns für dein Interesse in diesem Jahr und freuen uns darauf, dir im neuen Jahr wieder spannende Analysen und Ausblicke auf die Märkte zu liefern.

Deine 4E Capital Familie